Der Medaillentraum löste sich in Luft auf

 

 

 

 

 

 

Bereits letzten Mittwoch reisste ich mit meinen zwei Betreuern nach Vielha um an der Ultramarathon Europameisterschaft teilzunehmen. Nach einer 12 stündigen Autofahrt kamen wir im Dorf Vielha an, welches sich in den Pyrenäen befindet. Die Gegend erinnerte mich mehr an das Engadin als an Spanien. Die letzten zwei Tage nutzte ich noch um mich genügend zu erholen und Abschnitte der Strecke zu befahren. Meine zwei Betreuer hatten noch mehr zu tun und planten die letzten Einzelheiten der Verpflegung und Betreuung.

Samstag klingelte um 3:49 Uhr der Wecker, danach folgte ein kleines Frühstück und eine grosse Tasse Kaffee um wach zu werden und schon musste ich mich wieder beeilen um am 5:00 Uhr am Start zu stehen. Pünktlich ging es mit Licht, GPS und Verpflegung auf die 213km und 6200hm. Im ersten Anstieg war das Tempo nicht besonders hoch und man konnte noch etwas untereinander plaudern. Kurz vor dem höchsten Punkt ging es in einen 6km langen Tunnel. Die erste Abfahrt führte zuerst über die Strasse und bog danach auf einen verblockten Trail. Es war immer noch dunkel und ich hatte ehrlich gesagt nicht die passende Lampe montiert, so fuhr ich immer einem Fahrer mit einer guten Lampe hinterher. Bis wir den Trail absolviert hatten, hatten wir uns schon einmal verfahren und ein paar hatten sich bereits auf dem dunklen Trail einen Plattfuss eingefahren. So ging es in den zweiten Anstieg, mittlerweile hatte sich eine Gruppe gebildet mit 8 - 10 Fahrern. Es ging weiterhin nicht besonders schnell weiter, so fuhren wir in den nächsten coolen Trail und ich konnte es noch richtig geniessen. Zu diesem Zeitpunkt lief alles nach Plan, dies änderte sich in dieser Abfahrt abrupt. Auf einem Flowtrail hatte ich plötzlich hinten einen Plattfuss, was für mich kein Problem bei einem Rennen über 10 Stunden ist, weil 2 - 3min zu verlieren ist nicht viel. Doch leider hatte es mir beim Reifen das Profil abgerissen und das Loch war so gross, dass ich nur mit einer Einlage und Kabelbinder reparieren konnte. Der Reifen war völlig hinüber und dies bemerkte ich bereits 100m später als es mir den Schlauch zerplatze. Nun blieb mir nichts anders übrig als die Strecke bis zur nächsten Feed Zone, welche über 10km entfernt war und ein Anstieg über 400hm beinhaltete, nur zu Fuss und auf der Felge zu bewältigen. Irgendwie schaffte ich es bis zur Zone und konnte dort das gesamte Ersatzmaterial ersetzten. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits über 25min. Rückstand und die Medaillen waren ausser Reichweite gelangt, so fuhr ich mit geringer Motivation weiter. Im nächsten Anstieg fühlte mich trotz einer Renndauer von über 3.30h nach wie vor super, so dampfte ich nach vorne und überholte einen Fahrer nach dem anderen. Bereits in der nächsten Kiesabfahrt gab es den nächsten Dämpfer, wieder einen Plattfuss am Hinterrad. Diesmal konnte ich das Rad schnell reparieren und der Schlauch hielt dieses Mal bis zur nächsten Zone. Die Enttäuschung über den Rennverlauf lang nun allen ein wenig im Gesicht und meine Motivation war völlig dahin. Aufgeben kam für mich aber nicht in Frage, schon nur aus Respekt gegenüber den Betreuern, welche Ferien und Zeit investiert haben und meinem Team und dem Veranstalter. So fuhr ich mit neuer Motivation weiter und überholte wieder Fahrer um Fahrer. Das Navigieren viel mir auch immer leichter und es machte mir auch nichts aus über Felsblöcke zu klettern. Dank den Produkten von Sponser Food fühlte ich mich auch nach der Hälfte immer noch recht frisch und war weiterhin auf dem Vormarsch. Jetzt stand der längste Anstieg an, auch dort machte ich mächtig Plätze gut und verlor eigentlich keine Zeit auf die Spitzenfahrer. Doch meine Freude hielt nicht lange an, bereits nach dem höchsten Punkt beim Traversieren auf einer Kiesstrasse hatte ich wieder einen Schleicher am Hinterrad, dieses Mal pumpte ich einfach nach und fuhr weiter. In der folgenden Abfahrt musste ich nochmals nachpumpen und einen Augenblick später hatte ich wieder keine Luft mehr. Hilft nichts, da musste wieder ein Schlauch rein, ich hatte ja bereits reichlich Übung. =) Nun ging es wieder weiter Richtung Feed Zone 5, das Navigieren dort hatte es in sich. Als ich mir nicht mehr sicher war und kurz anhielt, machte sich die Luft im Schlauch selbständig. Es kratzte mich schon langsam an meinem Ego und ich liess meiner Wut freien Lauf. Ich möchte mich hiermit noch entschuldigen, wenn mein Schrei ein spanisches Wildtier erschreckte. =) Zum Glück ging es nicht mehr weit zur Feed Zone, wo mich meine Betreuer mit entsetzten Blicken anschauten, als ich wieder auf der Felge kam. Da wir nun keine Ersatzräder mehr hatten, nahm ich das Hinterrad, welches bereits einen Schlauch vom vorherigen Reparieren drin hatte. Nun waren noch etwas über 60km zu fahren und ich fühlte mich nach wie vor gut, so fuhr ich ein gutes Tempo weiter und überholte wie schon den ganzen Tag andere Fahrer. Diese schauten mich immer mehr entsetzt an, weil ich sie zum Teil schon 2 - 3 mal überholt hatte. Kurz vor der letzten Feed Zone ging es in den letzten Anstieg mit rund 1000hm. Ich fühlte mich immer noch recht gut und dampfte den Berg hoch, nun machte mir langsam die Hitze zu schaffen und ich suchte verzweifelt nach einem Brunnen. Endlich oben angekommen, ging es auf die letzten 15km mit coolen Trails, welche ich nicht wirklich geniessen konnte, weil ich immer Angst um mein Hinterrad hatte und so fuhr ich auch. Trotzdem konnte ich noch zwei Fahrer einholen und so kam es zum Sprint, welchen ich für mich entscheiden konnte und wurde immerhin noch Zehnter. 

 

Die Enttäuschung im Ziel war gross. Wenn du ein halbes Jahr auf dieses Rennen hinarbeitest und ausgerechnet in diesem Rennen durch Defekte zurückgeworfen wirst, ist es schon hart, aber so ist das Sportlerleben, es ist kein Wunschkonzert. So habe ich wenigstens einen Grund um nächstes Jahr noch einmal zu starten. Ob ich die angestrebte Medaille ohne Defekte erreicht hätte, steht in den Sternen. Für mich war fast wichtiger zu sehen, dass meine Form weiterhin steigt, was auf einen schönen August zu hoffen lässt. 

 

Ich möchte mich bei meinen zwei treuen Betreuern Mäsä und meine Frau bedanken, sie mussten viel planen, früh aufstehen, mitfiebern, viel Stress bewältigen und sie hatten durch meine Defekte viel zu tun. Zudem möchte ich mich bei BiXS und dem Team für die Unterstützung bedanken. Merci viu mau!!!!

 

Einige Daten zum Rennen:

 

10:49h Fahrzeit

230 Durchschnitt Wattleistung 

7300kcal verbrennt

8L Sportgetränk 

3 Riegel + etwas Kuhmist gegessen

11 Gels

4 Activator (Koffeinschub)

240km Autokilometer der Betreuer

Minus 3 Reifen, 3 Schläuche und 4 Luftpatronen

 

Fazit: Ausser Spesen nix gewesen =)

Hansueli Stauffer

CH - 3655 Sigriswil

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